Dagmar Keller ist Chefärztin bei der Klinik Gut in St. Moritz, Titularprofessorin an der Universität Zürich, im Vorstand der neu gegründeten Schweizer Chefärztinnen Vereinigung der mws (Cmws) und in diversen Mandaten (wie beispielsweise bei der SGNOR und beim BAG) tätig. Im Interview erzählt sie uns, wie sie zu all dem gekommen ist, weshalb sie es liebt, ins kalte Wasser zu springen und welche Tipps sie Ärzt:innen auf ihrem Karriereweg mitgeben kann.
Dies kam während meiner Zeit am USZ zustande. Ich habe mich dafür eingesetzt, dass der Notfall eine eigenständige, moderne Station wird. Nach rund zwei Jahren, im Jahr 2016, wurde dann das Institut für Notfallmedizin gegründet. Da ich mich bereits im Vorfeld als Leiterin der interdisziplinären Notfallstation dafür eingesetzt habe, dass eine eigene Abteilung entsteht, wurde ich zur Klinikdirektorin befördert, was mir sehr gefiel. Ich liebe es, etwas Neues zu erschaffen und fand es extrem spannend, hier ein gesamtes Team, inklusive der Pflege, aufzubauen. Sobald etwas aufgebaut ist und funktioniert, bin ich offen für etwas Neues. Ich mag den Sprung ins Ungewisse und suche mir gerne berufliche Optionen aus, bei denen nicht alles vordefiniert ist.
Zurzeit arbeite ich nebst einigen Mandaten als Chefärztin bei der Klinik Gut, welche zum Kantonsspital Graubünden gehört. Es gab hier grosse Ziele, den Bereich der Sportmedizin für Leistungsdiagnostik auszubauen. Im Juli 2024 hatten wir nun auch die Eröffnung der Sportmedizin im Neubau der Klinik in St.Moritz Bad. Zudem steht zurzeit zur Diskussion, ob das Spital Samedan ebenfalls mit dem Kantonsspital Graubünden fusioniert, was bedeuten würde, dass Prozesse vereinheitlicht und Doppelspurigkeiten vermieden werden müssten. Diese potentielle Herausforderung würde mich ebenfalls reizen.
Für mich ist der Mix sehr erfüllend. In meiner Tätigkeit in St. Moritz finde ich es extrem spannend, Entscheidungen zu treffen, die wieder etwas grösser sind. Wir haben hier nicht alles zur Verfügung, weshalb wir entscheiden müssen, ob wir Patient:innen nach Chur senden oder nicht – was ein Weg von rund 1½ Stunden bedeutet. Mit meinen anderen Mandaten habe ich zudem die Möglichkeit, regelmässig ins Unterland zu gehen. Beispielsweise bin ich als Präsidentin in der Eidgenössischen Prüfungskommission für Humanmedizin tätig, wobei es um ganz andere Entscheide geht wie zum Beispiel, den Notenschnitt bei den Schlussprüfungen (Staatsexamen) festzulegen oder die Diplome dann zu unterschreiben, was immer ein tolles Gefühl ist. Ich darf also auf vielen verschiedenen Ebenen der medizinischen Tätigkeit aktiv sein – von Arbeiten direkt mit den Patient:innen bis hin zu politischen Entscheiden im Medizinalberuf.
Wenn ich ein Mandat angeboten bekomme, entscheide ich immer auf Basis, wie gerne ich etwas mache und wie gut dies zu mir passt. Es darf keine Last sein. Ich empfehle also nichts anzunehmen, wo man denkt, «oje, jetzt kommt nochmals etwas mehr dazu». Für mich ist also nichts ein “Müssen”. Zudem habe ich schon immer sehr gerne Ausdauersport gemacht, auch bereits während meinem Studium, was mich ausgleicht. Ich liebe Langlauf und Trail Run. Bei meinen Trail Run Trainings habe ich bereits oft wichtige Entscheide getroffen. Hinter dem Haus, in dem ich wohne, habe ich nun die Möglichkeit, direkt auf die Alp zu rennen. Ich liebe die Höhe und gehe gerne auf den Gipfel.
Als Chefärzt:in musst du gerne Sachen anpacken, analysieren und anpassen. Zudem ist ein grosser Teil der Tätigkeit das Führen von Mitarbeitenden. Du musst es daher lieben, zu führen, zu kommunizieren, Menschen zu betreuen / fördern und fähig sein, auch mal zu sagen, falls etwas nicht passt. Es ist ein sehr extrovertierter Job, bei dem man an der Front ist. Ich finde es zudem wichtig, dass man sich nicht scheut, Schichtarbeit zu übernehmen, um den Puls im Team zu spüren und zu sehen, wo es Prozesse gibt, die optimiert werden können.
Ich empfehle jedem und jeder, einen Mentor im Arbeitsalltag zu suchen. Dies kann ein Teilzeit Mentor sein, der dich während einem bestimmten Karriereabschnitt begleitet oder jemand, der dich langfristig unterstützt. Ich bekomme von meinen Mentee hierbei unterschiedlichste Fragen gestellt, wie zum Beispiel Versicherungsfragen oder welche Fragen in einem Bewerbungsgespräch von einem/einer Chef/in erlaubt sind.
Im Moment habe ich genug zu tun, so dass ich mir nicht überlegen muss, wo es hingeht. Aber eben, ich bin immer offen für Neues.
Vielen Dank, Dagmar!
Chefärztin | Titularprofessorin | Vorstandsmitglied Cmws | Aktiv in nationalen medizinischen Gremien
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