Effektives Teaching ermöglicht Assistenzärztinnen und -ärzten, ihr Vorwissen zu aktivieren und komplexes Denken zu üben. Wie gelingt dies trotz eines vollen Arbeitstages?
Teaching im klinischen Alltag ist mehr als nur das Vermitteln von Fachwissen – das «Wie» ist ebenso wichtig wie das «Was». Dabei können auch kurze Momente genutzt werden, um die Assistenzärztinnen und -ärzte einzubeziehen. Folgende Tipps zeigen, wie das möglich ist:
Teaching ansagen: «Das hier ist ein guter Teaching-Moment. Lass uns kurz auf Thema X oder Patient Y eingehen.» Angesagtes Teaching wird leichter als solches wahrgenommen. Die Ansage erleichtert es den Assistentinnen und Assistenten auch, für einen Moment in die Rolle der Lernenden zu wechseln.
Es muss nicht perfekt sein: Wenn Fragen kommen, die Sie nicht beantworten können, nutzen Sie den Moment: «Gute Frage, ich habe keine Ahnung. Weiss das sonst jemand hier im Raum? Nein? Lesen Sie das bitte für mich/uns nach, dann können Sie es uns morgen erklären.»
Aufträge abholen: Darauf achten, dass keine verteilten Lernaufträge vergessen gehen!
Zielgruppe: Die Energien auf diejenigen richten, die tatsächlich zuhören und nicht auf diejenigen, die kein Interesse zeigen.
Bei den täglichen Patientenbesprechungen, gemeinsamen Visiten oder Familiengesprächen, Rapporten und supervidierten Eingriffen ergeben sich viele «teachable moments». Sie sind meist kurz, jedoch sehr effizient. Im Folgenden einige Anregungen:
Rückfragen: Fragen Sie nach dem Ausbildungsniveau der Assistentinnen und Assistenten. Das hilft Ihnen, die Wissenslücken zu sehen und Ihr Teaching entsprechend anzupassen. «Target, then teach.»
Der Assistent fragt nach der richtigen Dosis von Diuretika: «Wie viel vom Medikament X soll ich geben?» Dies kann man mit einer Rückfrage beantworten: «Wie viel möchten Sie denn geben? Und warum? Was sind Ihre Überlegungen?»
Was wäre, wenn …: Mnemotechnisch sehr hilfreich ist die Modulierung des Problems.
Nach der obigen Beispiel-Diskussion fragen Sie: «Wie wäre denn die Dosis bei einem Patienten mit eingeschränkter Nierenfunktion? Oder wenn der Patient noch nie Diuretika gehabt hat? Was würde das ändern?»
One Minute Preceptor: Eine formalisierte Variante des situativen Lernens ist der «One Minute Preceptor» [1]. In Tabelle 1 sind Beispiele dargestellt, wie die Assistentin oder der Assistent während einer Patientenvorstellung mittels situativen Fragens miteinbezogen werden kann. Dabei ist der Teacher am Steuer – er leitet die Teaching-Einheit.
SNAPPS: Für «SNAPPS» müssen die Assistentinnen und Assistenten ein gewisses Vorwissen über den Ablauf dieses Lernmodells haben; sie sind hier – im Gegensatz zum ersten Modell – am Steuer und bestimmen den Inhalt der Weiterbildungseinheit. Am besten funktioniert es, wenn das Modell einer ganzen Praxis oder Klinik bekannt ist und vom ganzen Kader mitgetragen wird.
Rollenwechsel: Sind Sie in der Situation, dass eine Unterassistentin einen Patienten vorstellt, kann der Assistent aufgefordert werden, die kaderärztliche Rolle zu übernehmen. Das erhöht das Verantwortungsgefühl, stimuliert die Emotionen und verankert die Lerneinheit besser im Gedächtnis.
Repetition: Am Ende des Tages kann kurz erfragt werden, was heute gelernt wurde. Dieses abendliche Fazit dient der Reflexion, der Repetition und damit dem Lernprozess. Auch können dabei Fehler korrigiert und der Wissenszuwachs überprüft werden. Geben Sie dabei auch etwas von sich selbst preis: Was haben Sie gelernt in dieser Woche?
Der Artikel ist ein Excerpt aus dem Buch Die oberärztliche Tätigkeit – eine neue Herausforderung
Autorin: Sonia Frick, Chefarzt-Stellvertretung Innere Medizin, Spital Limmattal, Schlieren